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Proteste in Spanien: Es stört immer der Tourismus der anderen

Proteste in Spanien: Es stört immer der Tourismus der anderen

Hunderte Organisationen riefen zu Protesten gegen den Massentourismus auf, gekommen ist aber kaum jemand. 8000 Leute in Palma de Mallorca, 600 in Barcelona, 300 in San Sebastián, 300 in Granada – das ist die Bilanz des Sonntags. Massenproteste waren das eher nicht. Auch das Medienecho war ziemlich niederschmetternd. Selbst in den Mallorquiner Zeitungen standen die Demo-Nachrichten nicht an der Spitze der meistgelesenen Artikel. Im Rest Spaniens war es leicht, von den Protesten nichts zu sehen oder zu hören. Das Land hat gerade andere Sorgen, vor allem eine nicht am Rande, sondern im Kern korrupte Regierungspartei und einen traurigen Ministerpräsidenten, der vielleicht, aber wahrscheinlich eher nicht Neuwahlen ausrufen wird.

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Protest auf Mallorca: Demonstration gegen den Massentourismus in Palma.

Protest auf Mallorca: Demonstration gegen den Massentourismus in Palma.

Quelle: Clara Margais/dpa

Das Unbehagen am Tourismus ist aber da, das zeigen etliche Umfragen der letzten Zeit, wenn es auch nicht die Massen auf die Straßen treibt. Die vielen, die trotz Unbehagen zuhause bleiben, empfinden womöglich nicht die Dringlichkeit des Protests, wie sie die Demoveranstalter sehen. Vielleicht liegt es aber auch an widerstreitenden Gefühlen.

Viel Tourismus stört, bringt aber auch viel Geld. Er ist mit gut 13 Prozent Anteil am Bruttoinlandsprodukt Spaniens größte Industrie, auf den Balearen mit der Hauptinsel Mallorca liegt der Anteil sogar bei 45 Prozent. In Palma gegen den Tourismus zu protestieren ist wie eine Demonstration in Wolfsburg gegen die Existienz der Autoindustrie. Der Vergleich ist nicht ganz fair: Anders als andere Industrien kommt der Tourismus ins Herz des Alltags, in die schönsten Straßen und an die schönsten Strände. Daher das Unbehagen. Aber die Balearen sind, was sie sind, durch den Massentourismus. 1960 lebten auf den Inseln gut 430.000 Menschen, heute fast dreimal mehr: 1,25 Millionen. Weil es hier, wegen der Touristen, etwas zu tun gibt.

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Es stört immer der Tourismus der anderen. Die Spanier selbst haben wachsende Lust zum Verreisen. Die Banco de España befragt sie regelmäßig, für welche größeren Ausgaben sie gerade sparen. Bei der letzten, kürzlich veröffentlichten Umfrage sagten mehr als die Hälfte: für eine Reise (nur 7 Prozent sagten: für ein Auto). So viel Reiselust war noch nie unter den Spaniern. Das ist kein Wunder. Die Möglichkeit, fast alle Winkel dieser Welt besuchen zu können, ist eine der großen Errungenschaften unserer Zeit.

Unglücklicherweise ist die Welt nicht überall gleich schön oder aufregend. Deswegen gibt es diese schrecklich überlaufenen Orte: weil sie etwas Besonderes sind. So wie Mallorca oder Barcelona. Die profitieren davon und die leiden darunter, dass die Massen kommen. Mit Verboten, Beschränkungen, Lizenzen lassen sich die Ströme hier und da lenken. Aber das Unbehagen wird bleiben. Gegen die Reiselust gibt es kein unschädliches Heilmittel.

rnd

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